Solange du mich liebst by Didier van Cauwelaert

Solange du mich liebst by Didier van Cauwelaert

Autor:Didier van Cauwelaert [Cauwelaert, Didier van]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105602195
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-06-19T16:00:00+00:00


Ich drehe und wälze mich auf dem Schlafsofa. Stehe auf, um mir eine Schlaftablette zu holen, werfe sie weg. Es ist zwei Uhr morgens. Alle Fenster gegenüber sind dunkel. Ich gehe über die Wiese. Sie ist allein in unserem Schlafzimmer, fast bin ich darüber ein wenig enttäuscht. Es ist so einfach, jemand Dritten verantwortlich zu machen, dabei steckt das Problem immer in uns selbst.

Sie liegt mit dem Rücken zum Mondlicht und fragt, ob ich etwas vergessen hätte.

«Es gibt eine andere Frau in meinem Leben.»

Sie sagt nichts. Dreht sich nicht um. Sie streckt einen Arm nach hinten und hält mir ihre offene Hand hin. Soll ich ihr von César erzählen? Von einer noch gar nicht begonnenen Geschichte, einem Fantasiegebilde, das Wirklichkeit werden könnte, wenn ich wollte? Nein. Es wäre eine Art Erpressung, Vergeltung. Ich will ihr nicht drohen, ich will sie überraschen. Sie zurückholen, ihr beweisen, dass sie mich nicht ganz und gar kennt, dass auch ich ein Fremder, etwas Schattenhaftes, ein neuer Mann sein kann. Und zugleich feststellen, ob nicht Verdächtigungen, die sie möglicherweise für sich behalten hat, uns ohne mein Wissen vergiftet haben.

Ich sitze auf der Bettkante, meine Finger mit ihren verflochten, meinen Blick auf ihrem Haar, und lasse meine Stimme das Schweigen, das Ungesagte, das Verhüllte – all die trügerischen Einverständnisse, die unsere Harmonie schließlich zerstört haben – brechen.

«Ich habe dich nicht betrogen, Ingrid: Ich kannte sie vor dir. Aber ich wollte sie nie vergessen oder unseretwegen auslöschen – und es dir dann hinterher vorwerfen. Verstehst du das?»

Sie antwortet nicht. Die Fensterläden klappern im Wind.

«Ich brachte es nie fertig, dir von ihr erzählen, dir ihren Namen sagen … Ich schob ein Seminar, eine Studienreise, eine Spielzeugmesse vor. Ich dachte, man könne zwei Frauen gleichzeitig treu sein, zwei Liebesgeschichten leben, ohne etwas zu verderben, zu zerstören … Ich dachte, du hättest nichts gemerkt, weil du mir nie Fragen gestellt hast. Und du hast zugesehen, wie ich schwieg, wie ich log, um euch voreinander zu schützen und euch beide unglücklich zu machen – wie lange schon? Seit wann weißt du es? Seit du das Licht ausschaltest, wenn wir uns lieben? Seit ich schnarche?»

Ein Seufzen, meine Hand wird sanft gedrückt. Mehr nicht. Ich erwarte keine Antwort, ich hoffe nur auf Fragen, aber sie schweigt. Sie erlässt mir nichts.

«Wir haben uns in Savoyen kennen gelernt, am Grab meines Vaters. Sie hatte mich benachrichtigt, nur wir beide waren auf der Beerdigung. Sie war seine letzte Lebensgefährtin. Ich war zwei Jahre jünger als sie. Er hatte mehrmals von mir erzählt, aber auf sehr unterschiedliche Weise: Ich sei, was er bereue; ich sei sein ganzer Stolz; ich sei eine Last … Ich konnte es mir aussuchen. Wir beweinten ihn auf dieselbe Weise: Wir hatten ihn geliebt wegen seiner Fehler, wegen seiner Geheimnisse, wegen seiner Art, das Leben zu beschleunigen, sobald er unverhofft zurückkehrte, wegen dieser Hochherzigkeit eines Egoisten, wegen seiner Gleichgültigkeit, die vielleicht eine Form des Achtens war, die Weigerung, andere mittels ihrer Gefühle zu fesseln …»

Meine Worte nehmen diesen Raum wieder in Besitz; ich



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